Es war ein alter barocker Lageplan, der dem Stuttgarter Architekturbüro LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei die Entwurfsgrundlage für die Neubauten auf dem Gelände des Rottenburger Bischofssitzes lieferte. Mit der in den historischen Plänen vorgesehenen Dominanz eines Kirchengrundrisses begegnet LRO dem unstrukturierten räumlichen Stückwerk, das der Abriss der St.-Josephs-Kirche Ende des 18. Jahrhunderts hinterlassen hat.
Von dem neuen Ensemble – der großen Halle und der körperhaften Mauer – geht heute eine ähnliche Klarheit aus, wie man sie in den Plänen von 1659 und 1774 vorfindet. Der zentrale Baukörper orientiert sich mit seinem Volumen an der früheren St.-Josephs-Kirche und seine Südfassade erinnert an die Komposition des plastisch geformten Kirchenbaus. Die sich zur Stadt öffnende große Halle fungiert als Auftakt und Gelenk, das alle Einrichtungen und Abteilungen der Anlage miteinander verbindet. An der Nordseite folgt ein langer Büroriegel dem Verlauf der früheren Stadtmauer.
Der enge Bezug zur Geschichte zeigt sich nicht nur im Entwurf und in der Integration historischer Details wie z. B. Originaltüren oder des Portals zur Königstraße. Auch bei der Materialwahl wurde weitestgehend auf Kunststoff verzichtet und großer Wert auf Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit gelegt. So wundert es nicht, dass hier auch Backstein in Form einer vorgehängten Fassade zum Einsatz kam. Das Sichtmauerwerk ist eine Mischung aus zwei Dritteln neuen Steinen und einem Drittel antiken Abbruchziegeln im alten Reichsformat. Die neuen Ziegel wurden getrommelt, um die Kanten zu beschädigen und ein gebrauchtes, „altes“ Aussehen zu erzielen.
Neben den Steinen selbst trägt auch die spezielle Verarbeitung mit einer 4 cm breiten Lagerfuge maßgeblich zur einzigartigen Ausstrahlung der Fassade bei. Für diese in Deutschland bisher einmalige Besonderheit hat das Backstein-Kontor eine Zulassung im Einzelfall erwirkt – ohne jeglichen Aufwand für den Architekten.