10.05.2013| Kirche am Meer: St. Marien in Schillig

Es könnte auch heißen: Kirche und Meer. Denn während Turm und Grundrissform des herausragenden, expressiven Gebäudes an einen klassischen Kirchenbau erinnern, weckt die geschwungene Wand- und Dachausbildung Assoziationen von Wellen, Dünen und Meer.

Auch die Fassade, auf die wir Ihre besondere Aufmerksamkeit lenken wollen, ist ein Meer. Ein Meer aus Klinkersteinen, die eine besondere Geschichte haben.

Der Bauherr wünschte sich ein ortstypisches Mauerwerk. Aber die Ringöfen für die Herstellung der dunklen Klassiker im Oldenburger Format sind in der Region längst erloschen. So erhielten die 70.000 Steine im Rheinland in einem der letzten noch arbeitenden Ringöfen ihren ersten Brand. Im Gegensatz zu den heute üblichen Tunnelöfen, die auf die Produktion gleichartiger Standardware ausgelegt sind, verleiht das Brennen im Ringofen jedem Stein einen Unikatcharakter.

Eigentlich wären die Klinker dann „fertig“ gewesen. Aber sie sollten mit einem zweiten Brand noch mehr an Charakter und Einzigartigkeit gewinnen. Deshalb ging die Reise weiter nach Belgien, wo Spezialisten die alte Technik des Dämpfens noch meisterhaft beherrschen. Beim Dämpfen verbringen die Steine vier Tage bei 1000°C in einem abgedichteten Kammerofen. Dort lässt man sie nicht im eigenen Saft, sondern im eigenen Sauerstoff schmoren. Dadurch wird in einem chemischen Prozess rostrotes „ziegelfarbenes“ Eisenoxid in anthrazitfarbenes Eisenoxidul umgewandelt.

Im Ergebnis erhält man eine dunkle, changierende Farbe, die bis in den Kern reicht, extreme Festigkeit und eine lebendige Vielfalt von Farben und Oberflächen. Der gedämpfte Klinker fasziniert mit einem Wechselspiel aus matter Bleifarbigkeit, ölig schimmernden Grün- und Blauanteilen, Salzverkrustungen, Bronzetönen und glänzenden Schwarztönen.

An der Fassade der Kirche St. Marien zeigt sich Backstein von seiner reizvollsten Seite: Tausende einzigartiger, handwerklich gefertigter Steine, die sich zu einem beeindruckenden, lebendigen Gesamtbild zusammenfügen.